Armin Schachameier
GESTALT UND SOZIALE ARBEIT
Ökonomische und ökologische Hintergründe
EHP-Verlag Andreas Kohlhage, 2021
192 Seiten; Abb.; ISBN: 978-3-89797-141-7
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PDF: | ISBN 978-3-89797-690-0 / EUR 22.99 |
EPUB: | ISBN 978-3-89797-691-7 / EUR 22.99 |
Die Interventionen im Rahmen der Klinischen Sozialarbeit orientieren sich an einem biopsychosozialen Menschenbild. Gestalttherapeut_innen arbeiten emotionsfokussiert, berücksichtigen aber auch physische und kognitive Prozesse. Nicht selten wird diesbezüglich von einem ganzheitlichen Behandlungsansatz gesprochen. Doch ist das wirklich ganzheitlich? Müssten nicht auch das Umfeld und die dahinterliegenden Strukturen zunehmend mehr mitbehandelt werden, um von »Ganzheitlichkeit« sprechen zu können? Nur durch eine intensive Auseinandersetzung mit den gesellschaftlich-ökonomischen Strukturen kann ein Bewusstsein für die von uns Menschen selbst konstruierten systembedingten Hintergründe entwickelt werden. Wie in der gestalttherapeutischen Arbeit im Einzelsetting ist auch hier »Bewusstheit« der Schlüssel zu möglichen Veränderungsprozessen. So wie in der therapeutisch-beraterischen Arbeit oft die Frage nach den eigenen Anteilen an einer Problematik gestellt wird, möchte der Autor Gestalttherapeut_innen und Sozialarbeiter_innen zur Reflexion ihres Handelns ermutigen, im Hinblick auf die bestehenden ökonomisch-ökologischen Strukturen.
Siehe dazu auch als Ergänzung: Schachameier/ Ulrich Reichert / Tom Breitenfeldt -
»In aktueller Perspektive betont das Buch die Wichtigkeit des Hintergrunds für eine gestalttherapeutisch geprägte Soziale Arbeit: Ein Plädoyer für die Betrachtung der individuellen und sozialökonomischen Gestalt von Klient*innen. Das gesunde Individuum kann nur zu einer gesunden Gesellschaft beitragen, wenn die Gesellschaft gesunde Bedingungen schafft. Das untrennbare Wechselspiel von Figur und Hintergrund kommt an fundamentaler Kritik des Sozial- und Wirtschaftssystems unserer Zeit nicht vorbei. Soziale Arbeit im Sinne einer modernen Gestalttherapie heißt u.a.: 1. Bearbeiten von Introjekten aus diesen Systemen, 2. die (un-)gesunde Ernährung für das Individuum als Hintergrund wahrnehmen, 3. gesellschaftliches Engagement als Teil von Ausbildung und Gruppenarbeit verstehen, und 4. das Hinterfragen der ökonomischen und ökologischen Bedingungen von Klientinnen und Klienten zum selbstverständlichen Teil des Klient*innenverständnisses werden lassen. Gestalttherapie und soziale Arbeit in diesem Sinne heißt, die ökonomisch-ökologischen Bedingungen verstehen, kritisch betrachten und zu ihrer Veränderung beitragen. Dazu gibt Armin Schachameier wertvolle und vielfach belegte Impulse.«
(Dr. Jan Kruse, Seminar für Gestalttherapie, Winden/CH)
»Das Buch wirft die Frage auf, inwieweit die Umwelt der agierenden Menschen im Beratungskontext eine Rolle spielt, und bietet Lösungsansätze, wie damit umzugehen ist. Besonders hervorzuheben ist die Art und Weise, wie der Autor die Gestalttherapie als Werkzeug zur Förderung der Selbstwahrnehmung und Selbstregulation darstellt, was für die Soziale Arbeit von unschätzbarem Wert ist. Fundiert, Praxisnah und klar verständlich. Eine Bereicherung für alle, die mit Menschen arbeiten.«
(Tom Breitenfeldt, Irgendwie Anders gGmbH)
»Mit diesem Buch leistet der Autor Pionierarbeit auf dem Gebiet von Gestalttherapie und Sozialer Arbeit. Praxisnah zeigt der Autor Erkenntnisgewinn und Kompetenzuwachs auf, die in der Verbindung dieser beiden Disziplinen verborgen liegen. Gleichzeitig ist die Arbeit nicht nur relevant für die Handlungspraxis und Theoriebildung in Gestaltansatz und in Sozialer Arbeit, sondern sie ist auch wegweisend für eine stärker gesellschaftskritische Positionierung unter den Gesichtspunkten von Ökonomie und Ökologie. Methodisch innovativ für die Gestaltarbeit im Handlungsfeld Soziale Arbeit ist der machtanalytische Ansatz Schachameiers. Das Buch sei neben ausgewiesenen Praktikern, auch Forschenden und Studierenden der Sozial- und Erziehungswissenschaften empfohlen: theoretisch - praktisch - gut!«
(Prof. Pierre-Carl Link, Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik Zürich)
»Armin Schachameier entwickelt auf der Basis des kritischen Realismus ein phänomenologisch-holistisches Schichtenmodell, mit welchem der Feldbezug und die Relationalität der Gestalttherapie sehr anschaulich dargestellt werden. Auf diesem Hintergrund kann die Bedeutung aktueller Themen wie Ungleichheit und Umweltzerstörung für Beratungs- und Therapieprozesse besser reflektiert werden. Der Autor arbeitet sehr fundiert den Einfluss neoliberaler Denkmuster mit ihrer Betonung auf Selbstoptimierung und Selbstverantwortung heraus und belebt damit das gesellschaftskritische Potenzial der Gestalttherapie aus einer neuen Perspektive. Ein sehr empfehlenswertes Buch für alle Menschen, die nach Möglichkeiten suchen, strukturelle Lebensbedingungen zu verbessern.«
(Brigitte Rasmus, IGW - Institut für Integrative Gestalttherapie Würzburg)
»Wenige Autoren aus dem sozialen Bildungsbetrieb haben wie Armin Schachameier den Mut ihr Wirken in politische Zusammenhänge und damit in Frage zu stellen.
Aufrüttelnd und ehrlich benennt er die strukturell angelegte soziale Ungerechtigkeit und deren Auswirkungen auf Beratungs- und Therapieprozesse.
Wenn es nach Adorno ‚kein richtiges Leben im falschen‘ gibt, dann ist zu hinterfragen, ob soziale Dienstleistungen und ihre Akteure entgegen ihrer Motivation dazu beitragen, ökonomisch-strukturelle Ungleichheiten zu reproduzieren. Der Autor analysiert auf der Basis der Gestalttheorie entsprechende Kontextfaktoren und zeigt Antworten auf diese Fragestellung auf.
Die beziehungsorientierte Gestalttherapie wird als Lösungsansatz verstanden und beschrieben. Denn sie stellt die Eigenverantwortung und die Würde des Menschen in das Zentrum der menschlichen Begegnung, ohne das sozial-ökonomische Umfeld zu negieren. Schachameier weitet den Blick des Lesers und macht deutlich, dass die politische Dimension auch im Beratungs- und Therapiekontext mehr mit einbezogen werden sollte. Dieses Buch ist längst überfällig.«
(Ulrich Reichert, Irgendwie Anders gGmbH, Gestalttherapeut)
Aus dem Inhalt
- Lebensweltorientierung
- Diskursanalytische Theorieansätze
- Integration und Lebensführung
- Capability-Ansatz
- Internationale Soziale Arbeit
- Der Hintergrund und die Kontaktgrenze
- Aggression und Gesellschaftskritik
- Der Autonomiepol
- Gestalt und Politik
- Ökonomie und Gouvernementalität
- Machtanalyse
- Geldzirkulation und wachsende Ungleichheit
- Folgerungen für die Soziale Arbeit und die Gestalttherapie
- Zusammenfassendes Mehrebenenmodell
Der Autor
Prof. Dr. Armin Schachameier (Jg. 1976), seit 2020 Professur für Theorien und Methoden der Sozialen Arbeit an der FH Potsdam; 2010–2020 Studienrichtungsleiter für die Sozialen Dienste an der Berufsakademie Sachsen; 2004–2009 Therapeutischer Leiter im Reha-Zentrum Oberpfalz (Soziotherapeutische Einrichtung für chronisch mehrfachbeeinträchtigte Abhängigkeitskranke); Gestalttherapeut (IGW), Seminarleiter für gestaltpädagogische Intensivseminare bei Irgendwie Anders gGmbH »Die Heldenreise« und »Der Schatten«; 2015–2017: Leitung von Gestaltfortbildungen am sozialwissenschaftlichen Fortbildungsinstitut der evangelischen Hochschule Dresden; Entspannungspädagoge. Schwerpunkte in der Lehre an der FH Potsdam: Humanistisch-experientielle Ansätze in der Sozialen Arbeit: Anwendungsmöglichkeiten in unterschiedlichen Arbeitsfeldern im Kontext von Beratung, Einzelfallhilfe, Gruppenarbeit und Praxisreflexion; Sozialraumorientierung, Soziale Gerechtigkeit, Grundlagen der Sozialen Arbeit, Stress und Zeitmanagement, Entwicklung der Kasuistikseminare für den neuen dual-digitalen
Studiengang.